Gujarat

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Als wir uns in Rajasthan langsam mit dem Weg nach Süden beschäftigten lag dort auf dem (oder auch im) Weg ein Staat der uns zuerst nichts sagte: Gujarat. Wir lasen etwas von einer portugiesischen Enklave im Süden und beschlossen einen kleinen Bogen durch diesen zu tun. Eine Entscheidung die wir nicht bereuten.

Dieser Staat, der sich als Herzgebiet des Jain-Glaubens sowie durch ein hervorragendes Wirtschaftswachstum, Alkoholprohibition und wie wir später unterwegs sahen, eine offen zu tage getragene extreme Armut auszeichnete, ist ein Hort der unterschiedlichsten Eindrücke...


Unser erstes Ziel ist Ahmedabad, die grösste Stadt mit etwa 5,5 mio Einwohnern. Im Zentrum dieser Metropole erleben wir vor allem muslimischen Alltag, unzählige historisch wertvolle Moscheen säumen das Bild der Altstadt und werden ergänzt vom quirligen Alltag der Einwohner. Eine rundum lebendige Stadt, die in den letzten Jahrhunderten einige Male von Erdbeben erschüttert wurde (zuletzt 2001) und dabei einen beachtlichen Teil an wertvoller Bausubstanz verloren hatte. Die Moschee-Erbauer haben mit „schwingenden“ Minaretten versucht dieser Sache entgegen zu wirken, aber irgendwie haben wir in der ganzen Stadt nur 2 ältere kleine Minarette an einer Moschee gefunden...

Nach dieser lärmigen und stinkigen Stadt ging es danach aufs Land. Wir besichtigten Lothal, die Ausgrabung einer 4000 Jahre alten Siedlung und sind auf dem Weg zu unserem heissersehnten Ziel noch in Junagadh vorbeigekommen. Die Stadt, seit Jahrtausenden besiedelt und mit tollen Bauwerken und zwei atemberaubenden Brunnenkonstruktionen einen Blick wert, hat ein schönes untouristisches Flair...

Aber dann ging es endlich vorwärts und so erreichten wir in Porbandar das Meer... Die arabische See, unser Traum lag vor uns...

Entlang der Küste mit einigen Stopps an völlig einsamen Stränden und einer Übernachtung im Ashram, die Mataji (indisch für weiblichen Sadhu) und Hausherrin ist eine Französin die seit 35 Jahren dort lebt, erreichten wir Diu.

Die ehemalige Portugiesische Kolonie ist ein absoluter Pol der Ruhe. Kaum Verkehr, fast kein Müll und selbst die Tiere halten sich an die Siesta... unglaublich. An der Südküste der Insel gibt es mehrere herrliche Strände, von denen einige jedoch durch, von den laxen Alkoholgesetzen angezogenen (und selbigen konsumierenden) Indern, eher unruhige Plätze sind... Unser morgendlicher Besuch im Fischerdorf Vanakbara am Westende der Insel brachte uns noch ein paar spannende Einblicke in den Alltag auf dem Lande...

Drei herrliche Tage der Ruhe und des Sonnenbadens hat uns das Inselchen dann doch noch gebracht bevor wir zu unserem nächsten Ziel Bhavnagar weiterfuhren...

Dort erlebten wir wieder das klassische indische Leben. Lärmige chaotische Stadtstrassen, die Altstadt entpuppt sich als ein einziger Basar, sowie arme Leute an jeder Ecke... Der Dreck gibt sein übriges dazu und so sind wir nach einer Nacht schon wieder auf der Strasse und auf dem Weg nach Palitana wo wir mal zu Abwechslung einen Hügel besteigen wollen...

Shatrunjaya ist das grösste Heiligtum der Jain, und befindet sich auf einem „Berg“ knapp 600m über der Ebene die ihn umgibt. Der Weg dort hinauf ist von knapp 3000 Stufen gezeichnet und kann gelaufen oder getragen hinter sich gebracht werden... für rund 1000 Rps (abhängig vom Gewicht) bringen einen 4 Träger auf einem Stuhl den Berg hinauf. Eine türkische Reisegruppe die uns unterwegs überholte machte geschlossen davon Gebrauch...

Auf dem Gipfel erwartete uns eine Stadt voller Tempel. Als Schutz vor muslimischen Attacken wurden alle Tempel in 9 Festungen (sogenannten tuks) eingeschlossen und erweckten so den Eindruck einer mittelalterlichen Festung.

Während die Nebentempel noch recht ruhig sind herrscht im Haupttempel buntes Treiben. Hier beten hunderte von Jain‘s inbrünnstig und voller Hingabe... Spannend zuzusehen. Die Tempel haben immer wieder wunderschön ausgearbeitete marmorne Altäre und Säulen und so kann man sich, weder an der Aussicht ins Tal noch an der Anlage selbst, kaum sattsehen.

Unser weiterer Weg führt nun in den Südosten des Staates und nach Champaner. Dieser Ort hat nichts ausser dem fast gleichen Namen mit der französischen Provinz gemein. Eine ehemalige muslimische Hauptstadt am Fusse eines mächtigen Festungsberges Pavagadh, die nach dem Umzug der Herrschenden nach Ahmedabad ihrem Verfall überlassen wurde...

Dank guter Bauherrn ist heute aber noch einiges zu besichtigen und so gibt es herrliche Moscheen und eine sehr gut erhaltene Festungsmauer zu bestaunen. Da im Tempel auf dem Gipfel des Festungsberges gerade wegen eines jährlichen Festes die Hölle los war, haben wir uns diesen geschenkt und sind stattdessen noch in Richtung Daman weitergefahren.

Dort erwartet uns das zweite ehemals portugiesische Nest innerhalb Gujarats. Ebenfalls von Delhi verwaltet zieht es, auch wegen seiner guten Lage massenweise Inder aus den Nachbarstaaten an, die dort einen heben wollen...

Abseits der lauten Strassen voller Bars, gibt es ein altes Fort, dessen Gebäude fast gänzlich von der Verwaltung genutzt werden und mehrere christliche Kirchen. Hier ist es richtig europäisch und man kann  sich ein paar Momente lang vom Trubel Indiens erholen...

Dann aber heisst es Abschied nehmen und unser nächstes Ziel heisst Mumbai...

Aber davon demnächst mehr und bis dahin allen zuhause:

FROHE OSTERN von uns beiden

 

...irgendwo zwischen Boom, Elend und Palmenstrand